Das Betriebsratsmandat als Ehrenamt … Unwägbarkeiten aus der Praxis und deren Umgang durch die Rechtsprechung

Ehrenamt heißt zunächst unentgeltlich – ohne Wenn und Aber -, es gilt das Begünstigungsverbot, andererseits auch ein Benachteiligungsverbot.

§ 37 Abs. 2 BetrVG enthält einen Anspruch auf Arbeitsbefreiung ohne Minderung des Entgelts.
Dies ist eindeutig und klar, führt in der Praxis zu nicht wenigen Konflikten.
Wenn gleichzeitig Betriebsratsarbeit während der Arbeitszeit stattzufinden hat, und diese vorgeht, erfordert es manchmal einen beachtlichen Spagat für einzelne Betriebsratsmitglieder.
Ganz besonders schwierig wird es in Schichtbetrieben und für Schicht Arbeitende im Betriebsratsgremium. Hier gibt es zwar seit 1989 eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach bei einer ganztägigen Betriebsratssitzung die Schicht davor und danach bezahlt freigestellt werden muss (vgl. BAG v. 07.06.1989 – 7 AZR 500/88 –). Damit ist Stress vorprogrammiert, wie zu handeln ist, wenn die Sitzung nur vier Stunden geht und für den einladenden Betriebsratsvorsitzenden die schwierige Entscheidung zu treffen ist, zu welcher Uhrzeit die regelmäßige Sitzung anberaumt wird.
Grob wird man hier sagen müssen, dass auch in diesem Falle die Betriebsratsarbeit vorgeht und den Schichtkollegen ermöglicht werden muss, an den Sitzungen teilzunehmen.
Ob es für die Kollegen praktikabel ist, z.B. sechs Stunden früher die Nachtschicht zu verlassen, um ausgeschlafen an der mittags stattfindenden Betriebsratssitzung teilzunehmen, um anschließend sechs Stunden später die nächste Schicht zu beginnen, wird nicht zu verallgemeinern sein.
Hier ist Kreativität auf allen Seiten gefragt. Nachteile für die Schichtkollegen sind jedenfalls zu vermeiden und entsprechend ein Zeitausgleich zu schaffen einschl. einer Änderung der Personalressourcen. Dies ist vom Betriebsrat als Kollektivorgan durchzusetzen.

Vielfach ungelöst ist die Frage, wann ein Ersatzmitglied einzuladen ist.
Stress kann im Rahmen einer Klarstellung in der Geschäftsordnung des Betriebsrats vermieden werden.
Alle Betriebsratsmitglieder, die im Betrieb anwesend sind, können nicht objektiv verhindert sein …
Ein Dauerbrenner in Seminaren, wenn man an die Umsetzung im Betrieb denkt.
Wie wichtig dieser Punkt ist, wird nicht selten übersehen und dem Alltagspragmatismus geopfert, auch wenn bei Fehlern dieser Art die gesamten Beschlüsse unwirksam sind!?

Zum Ausgleich ohne Minderung der Vergütung gehört auch, dass sämtliche Zuschläge, die das Betriebsratsmitglied vor seinem Mandant erhalten hat, auch weiterhin erhält.
Dies gilt z.B. bei einer Nachtschicht, auch wenn diese nicht mehr abgeleistet werden muss. Dies gilt aber nur für die Bruttobeträge. Das Steuerrisiko bleibt bei dem Arbeitnehmer.
Den Steuervorteil bei der Nachtschicht gibt es nur, wenn auch Nachtschicht tatsächlich gearbeitet wird. Das BAG sieht diese Benachteiligung in finanzieller Hinsicht als nicht ausgleichsfähig an.

Ein ganz schwieriger Punkt ist die Umsetzung des Entgeltschutzes nach § 37 Abs. 4 BetrVG. Worum geht es?

Nicht selten kommt es vor, dass auch bei faktisch teilfreigestellten Betriebsratsmitgliedern über Jahre ein schleichendes Abhängen von der beruflichen Entwicklung stattfindet.
Zwar heißt es, dass das Arbeitsentgelt des Betriebsratsmitglieds demjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer fortlaufend anzupassen ist.
Wie schwierig das im Einzelnen durchzusetzen ist, steht auf einem anderen Blatt. Mitverantwortlich dafür ist die Rechtsprechung. Sie verlangt letztendlich, einen „Zwilling“ zu finden, der bei gleicher Qualifikation einen bestimmten Werdegang vollzogen hat, was meist in der Praxis nicht durchzusetzen ist.
Deshalb empfehlen wir bei Mandatsübernahme eine Vergleichsgruppe von Arbeitnehmern mit dem Arbeitgeber festzulegen mit der Maßgabe, dass, wenn ein Mitglied dieser Gruppe höhergruppiert wird, dies auch für das Betriebsratsmitglied gelten muss.
Die Höhergruppierung ist nur ein Beispiel und soll zeigen, wie rechtzeitig zu handeln ist und nicht nach vielen Jahren in einem Rechtsstreit zu scheitern. Auch dies ist ein Aspekt, der für Betriebsräte von Interesse sein kann.

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